Heilbronner Stimme, 07.09.2018

Als Startups noch Gründer waren

Mit der Innovationsfabrik kamen neue Formen der Arbeit in die Stadt

Den Begriff Startup gab es noch gar nicht, als die Heilbronner Innovationsfabrik (IFH) gegründet wurde. Coworker, die heute in ihren eigenen Räumen (Coworking Spaces) arbeiten, waren auch im englischen Sprachraum noch ganz normale Kollegen. Existenzgründer oder Jungunternehmer waren es, die ab 1999 in die IFH einzogen. Zur Eröffnung kam mit Artur Fischer, dem Dübel-Fischer, ein echter Erfinder. Nicht nur die Begrifflichkeiten haben sich verändert. Die Innovationsfabrik, die auch architektonisch eine Brücke in die Heilbronner Vergangenheit schlagen soll, ist viel bunter geworden. In vielerlei Hinsicht lässt sich aber sagen, dass mit dem Gründerzentrum neue Arbeitswelt in Heilbronn erstmals erlebbar wurde – auch wenn dort nicht offene Arbeitsflächen, sondern klassische Kleinbüros das Bild prägen. Stechuhren wie einst, als das Gebäude in der Weipertstraße noch die gleichnamige Maschinenfabrik beherbergte, gab und gibt es dort aber genauso wenig wie Schreibmaschinen oder Werkbänke.

Neues Design
Wie in der Fabrik heute gearbeitet wird, hätte bei den Mietern der ersten Stunde dennoch für ungläubiges Staunen gesorgt. WLAN? Gab es damals nicht – das Internet selbst war ja noch ziemlich neu. Teppiche? Coole Sitzecken? Damals schmückte das Gebäude die Aluminium-Rohkarosse eines Audi, der heute ebenfalls Designgeschichte ist. Der Gedanke, dass die eigene Firma nicht an der Bürotür aufhört, sondern dass ein Netzwerk zum Erfolg gehört, wurde aber schon in den Anfangsjahren mit zahlreichen Veranstaltungen gepflegt, als der heutige Zukunftsfonds-Geschäftsführer Thomas Villinger IFH-Geschäftsführer war. Es sind die Menschen, die die Innovationsfabrik jung halten. „72 Prozent der Firmen sind jünger als zehn Jahre, davon die Hälfte jünger als fünf Jahre“, sagt Bernd Billek, der die mittlerweile zur Heilbronner Stadtsiedlung gewanderte Einrichtung heute betreut. Inhaltlich sind die Schwerpunkte IT, E-Commerce und Software, sowie die Kreativwirtschaft und Ingenieurdienstleistungen. Die Überschriften sind ähnlich wie damals. Die Inhalte – und damit auch die Arbeitsweisen – sind aber völlig andere. Die Nachfrage ist so groß wie nie: „Wir sind derzeit de facto voll vermietet“, sagt Billek. Inzwischen gibt es schon einen zweiten Raum, in dem die Stadtsiedlung für schmales Geld einzelne Schreibtische vermietet – die neuzeitlichen Coworker kommen also auch auf ihre Kosten. Auch die Chillzone mit den grellorangefarbenen Sitzkissen wird gut frequentiert.

Dienstleister
Mit der Cantina Nabatian gibt es in der IFH inzwischen ein Restaurant, das nicht nur schnelles Essen, sondern Genuss durch Vielfalt anbietet: Im Alltag muss selbst das Essen schnell gehen, heißt es bei dem Betrieb, der nicht nur Dienstleister, sondern auch ein echter IFH-Betrieb ist, der seine Buffets auch außerhalb anbietet.„Wir sorgen dafür, dass auch die schnelle Mahlzeit schmeckt“, lautet der Anspruch des Nabatian-Teams. Dass IFH-Karrieren für Gründer – und auch ihre Mitarbeiter – nicht den üblichen Wegen folgen, macht auch das Beispiel von Manuel Fischle deutlich. „Seine Fiba-Group startete 2013 als Handyreparaturservice“, sagt Billek. Inzwischen ist daraus ein Unternehmen geworden, das IT-Dienstleistungen, Elektrotechnik und Beleuchtung anbietet – aber auch Autopflegeprodukte sowie Kochtöpfe vertreibt. Und sogar eigene Nachwuchskräfte ausbildet.