©Heilbronner Stimme, 14.02.2015

Gesucht: der nächste Bill Gates

Mit Hightech und mit Bio erklimmen Gründer aus der Stadt die Erfolgsleiter

Bill Gates? Ist natürlich kein Heilbronner, und mit seiner Firma Microsoft kann auch keiner der hiesigen Gründer mithalten. Aber auch Gates hat einst klein angefangen, und auch aus Bechtle ist mittlerweile ein veritables Unter­nehmen geworden, das groß genug ist, dass auch Microsoft davon Notiz nimmt. So ist das mit Gründern und Jungunternehmern: Niemand weiß, was einmal wird aus den Träumen. Nur mit Gründern, so viel steht fest, gibt es aber neue Firmen. Und da­von hat Heilbronn einige zu bieten. 1016 Gewerbeanmeldungen gab es in der Stadt Heilbronn alleine in den ersten drei Monaten des vergan­genen Jahres – davon waren 775 Neugründungen. Gleichzeitig wurden 995 Firmen abgemeldet. Diese Momentaufnahme zeigt, wie viel Be­wegung in der Unternehmensland­schaft ist.

Klein und hungrig
„In Heilbronn lässt sich erfolgreich gründen“, sagt Martin Diepgen. Und: „Es geht nicht nur um die Ansiedlung großer Firmen“, betont der Erste Bürger­meister etwa im Hinblick auf Audi in den Böllinger Höfen. „Wir brauchen auch die Kleinen, die Hungrigen. Die sich nach einer Zukunft stre­cken.“ Fünf Gründer haben sich und ihre Firmen dieser Tage bei einer Veranstaltung von Stadt, Stadtsiedlung und dem Venture Forum Ne­ckar in der Heilbronner Innovations­fabrik (IFH) vorgestellt und damit der Gründerszene ein vielseitiges Gesicht gegeben – für die humorvol­le Moderation sorgten mit Martina Spröhnle und Tanja Landes von Hugo-Konzept ebenfalls zwei Grün­derinnen aus Heilbronn.

Ambiel: Als „Hausarzt für die IT“ bezeichnet Thomas Aimbiel sein Systemhaus mit 15 Mitarbeitern. Auf Augenhöhe mit seinen Kunden möchte er sein, weshalb er sich nach seiner Lehre bei Bechtle selbststän­dig gemacht hat. „Wir stehen für einfache Technik.“ In den ersten Jahren war er in der IFH, inzwischen hat die Firma im Zuckunftspark Bü­ros bezogen, im „großen Bruder der Innovationsfabrik“, wie er es formuliert. Zu groß möchte er nicht wer­den, um den direkten Draht zu den Kunden nicht zu verlieren. Aber 250 bis 500 Mitarbeiter? Das könnte er sich irgendwann schon vorstellen.

Fresh Five: Eigentlich sollte es eine eigene Kette mit Frozen-Yogurt-Läden werden. Die Marke: Yo n’Go. Dann sollten Bio-Läden in ganz Deutschland Eismaschinen aufstellen, um das Demeter-Produkt zu verkaufen. Den Durchbruch hat Lutz Haufe aber mit der neuen Mar­ke Kissyo geschafft – und gefrore­nem Joghurt aus der Tiefkühl-Theke. „Es ist sinnvoll, auf die Kunden zu hören“, sagt der 46-Jährige, der die Fresh Five Premiumfood GmbH zusammen mit Tim Lauer führt. Inzwischen lassen die beiden ihre Pro­dukte in Schrozberg tonnenweise produzieren und beliefern verschie­dene deutsche Supermarktketten.

Iolitec: „Es macht einfach Spaß“. sagt Georg Schubert. Gründer und Chef der Firma Iolitec, die Spezialchemikalien weltweit vertreibt. „Das Internet in Kombination mit Fedex macht das möglich“. sagt der Doktor der Chemie, der in den vergangenen Monaten gleich zwei hochkarätige Innovationspreise ein­geheimst hat. Gut 20 Beschäftigte hat das Unternehmen mittlerweile. Insion: Was machen die denn? Die Physik dahinter ist nur schwer zu verstehen. Aber was Insion-Grün­der Sven Schönfelder erzählt hat ganz offenbar Hand und Fuß: Geräte mit seiner optischen Messtechnik werden unter anderem eingesetzt, um bei Babys Gelbsucht zu diagnos­tizieren. Aber genauso kann mit den kalibrierten Spektrometern aus der Innovationsfabrik die Qualität von Futtermitteln im laufenden Prozess überprüft werden. Die Wachstums­perspektiven sind hervorragend.

Magmell: Kreativität ist die Ma­xime von Simon Hollay, dem Chef der unkonventionellen Agentur Magmell mit neun Mitarbeitern. Bis in sieben Jahren will er die Firma zur größten Agenturmarke in der Regi­on machen. „Viele Werbeagenturen wollen der nette Schwiegersohn sein – wie Luke Skywalker in Star­wars.“ Magmell sei wie Han Solo.

Welcher dieser Gründer ist der nächste Bill Gates? Einen zweiten Microsoft-Konzern werden diese Heilbronner Firmen wohl kaum her­vorbringen – und auch keine zweite Bechtle AG, wie Systemhaus-Grün­der Thomas Ambiel einräumt. Nicht umsonst unterscheidet Jessica Di Bella von der Heilbronner Privathochschule GGS zwischen norma­len Existenzgründern und Entre­preneuren, also solchen Persönlich­keiten, die wie ein Bill Gates unter­nehmerisch und technologisch völl­ig neue Wege gehen.

Zukunft
Keine Hoffnung also? Wer weiß! Vor 50 Jahren hätte auch nie­mand gedacht, dass aus dem kleinen Großhändler Lidl & Schwarz ein,al der viertgrößte Handelskonzern der Welt werden würde. Lutz Haufe formuliert es so: „In einem Jahr kann man weniger erreichen, als man denkt. Aber in sieben Jahren mehr als man denkt.“